Zeit-RAD haarim-hoddrim kontakt impressum (c)haarim-hoddrim

HAARIM-HODDRIM

 

 

 

 

ZEITzeugen1

 

zurück zur Übersicht
Scharstein_04

SCHARSTEIN + WALDKAPELLE

Wintersbach / Heimbuchenthal

Scharstein
 
Der Scharstein ist ein Bildstock mit außergewöhnlich großem Sockel, an dessen Südostseite die Jahreszahl 158? eingemeißelt wurde. Heute sind die Zahlen beinahe komplett verschwunden und nicht mehr lesbar. Gegenüber liegende Nischen könnten ein Indiz für einen früheren Standpunkt inmitten einer Wegkreuzung sein. Die auf der nordwestlichen Seite befindliche Nische wurde wohl 1945 durch Schießübungen mutwillig beschädigt. Auf der nördlichen Schaftfläche ist ein Spieß zu erkennen. Über den Scharstein gibt es eine von Valentin Pfeifer niedergeschrieben Spessartsage (siehe unten).
Vom Scharstein aus gelangt man gen Nordwesten hinab ins Elsavatal, nach Süden zum Winterbach- und Dammbachtal hinunter und nach Osten in den Klaffengrund. Ferner führt über den Scharstein der kürzeste Weg vom Elsavatal ins Dammbachtal.
Scharstein_02
Scharstein_03
Scharstein_05
Waldkapelle beim Scharstein
 
Etwa 250 m östlich des Scharsteins steht eine kleine Kapelle. Diese Gebetsstätte wurde und wir vor allem im Mai aufgesucht. Ein Holzgitter im Innern trägt die Jahreszahlen 1759 und 1941 sowie den Text „Königin des Friedens, bitte für uns“. Bis weit ins 19. Jahrhundert befand sich in der Kapelle eine Holzgruppe bestehend aus Maria, ihrem toten Sohn und Frauen mit Salbgefäßen. Die Figuren aus der Zeit um 1500 stehen heute in der Pfarrkirche St. Valenthin in Wintersbach.
Scharstein_01
Scharstein_10
Scharstein_11
Die Sage des Waldkapellchens
 
In Krausenbach lebte einmal ein Jäger, dem man nicht viel Gutes nachsagen konnte. Er war im Wald aufgewachsen und stark, aber auch rau wie die Felsen des Spessarts. Er glaubte an keinen Gott und an keinen Teufel, trank gern ein Glas Wein, mehr als er vertragen konnte und war in seinem Rausch sehr zu Händeln aufgelegt. Dennoch hatte er ein braves, frommes Weib. Die Frau hatte begreiflich nicht die Tage. Häufig kam der Mann betrunken heim. Die Frau sollte zu allem schweigen, auch dann, wenn es der Mann mit der Treue nicht genau genommen hatte. Sie schwieg, wenn es nicht gar zu dick kam. Aber wenn der Mann sich noch rühmte, seines Glück bei den Frauen, oder wenn er gotteslästerliche Reden in Gegenwart der Kinder führte, musste die Frau doch ihre ehelichen und mütterlichen Rechte geltend machen. Dann musste sie sich aber bald verstecken, wollte sie sich nicht Misshandlungen aussetzen.
An einem Sonntagnachmittag hatte der Jäger mit seiner Frau und seinen Kindern einen Spaziergang nach Heimbuchenthal gemacht und war dort eingekehrt. Der Wein war gut und die hübsche Wirtstocher etwas leichtfertiger Natur. Der Jäger schwamm im Vergnügen. Er trank einen Schoppen nach dem anderen, ward allmählich vollständig betrunken und immer zudringlicher gegen die Wirtstochter. Die Frau gab sich alle Mühe, den Mann fortzubringen. Sie hielt ihm vor, dass es Nacht wurde, der Weg sehr schlecht und im Dunkeln fast nicht zu gehen sei. Es gelang ihr endlich, ihn aus der Wirtschaft zu bringen. Kaum draußen, ging das Schelten und Toben an. Die Frau gönne ihm kein Vergnügen. Mit ihrer dummen Eifersucht verbittere sie ihm stets das Leben. Wenn er nur ein Weibsbild ansehe, sei der Teufel schon los. Je mehr in der frischen Luft stieg ihm der Wein zu Kopf und desto mehr steigerte sich seine Wut. Als endlich die Frau es nicht mehr aushalten konnte und äußerte, ob er sich denn nicht vor Gott und seinen Heiligen schäme, dass er vor den Kindern solche Reden führe ward der Mann ganz rasend. Er riss die Flinte von den Schultern und richtete sie auf die Frau und er rief: „So lass dich von Gott und seinen Heiligen beschützen!“ Der Schuß krachte. Aber die Frau und ihre Kinder, die sich um sie gedrängt hatten, lagen unversehrt auf den Knien.
Mit dem Pulverdampf war der Rausch des Jägers verflogen. Ein Strahl der ewigen Barmherzigkeit, die ihn vor solcher Missetat und großem Elend bewahrt hatte, war in sein Herz gedrungen und hatte es erleuchtet. Er war von nun an gänzlich umgewandelt, ein guter Gatte, ein guter Vater. Im Wald, an der Stelle, wo Gottes Hand Weib und Kinder beschirmt, ließ er diese Kapelle bauen. Alljährlich zum Muttertag wird hierher noch gewallfahrtet.
Scharstein_09
Der Scharstein              (QUELLE: “Spessartsagen” von Valentin Pfeifer)
 
Vor langer Zeit lebte in Heimbuchenthal ein Müller, der hatte eine einzige Tochter. Die war ein hübsches Mädchen, und die Burschen von zehn Stunden Wegs gingen ihr zu Gefallen. Das Mädchen aber meinte anfangs, der schlanke Bäckers-Philipp von Krausenbach sei unter allen der Schönste und gab ihm sein Herz. Als aber bald darauf der krummhalsige, aber steinreiche Schulzen-Dick dem Mädchen das Neujahr anschoss und ihm eine Brezel, so groß wie ein Pflugrad, in den Fensterschlag hing, da war der der Schönste. Beide Burschen waren zuvor gut Freund miteinander, nun aber sahen sie sich an wie Hund und Katze.
Es kam die Fastnacht. Die Rothenbucher Amtsschreiber tanzten den ganzen Nachmittag mit der schönen Müllerin, und abends kam der neue Rohrbrunner Jäger, der war ein schmucker, junger Mann, weltlustig und doch kein Leichtfuß dabei. Er hatte von der Müllerstochter zu Heimbuchenthal gehört, wie sie schön, reich und brav sei, und ihr zuliebe machte er extra den Weg dahin, und als er sie sieht, denkt er: Das ist wirklich eine nette Dirne; wenn ihr Herz auch so klar und rein ist wie ihre Blauaugen, mag sie wohl mein Weib werden. Darauf tanzt er mehrere Reihen mit ihr, nimmt sie dann neben sich hinter den Tisch, flüstert ihr heimlich manch Liebes ins Ohr, wie sie sein Schatz sei, vielleicht gar seine Ehefrau werden solle, und wie er sie an Maria Geburt aufs Rohrbrunner Schießen führen wolle und dergleichen. Da klopft dem Mädchen das Herz bis an den Hals. Von Stund an sieht's auf die anderen herab, als wenn's schon die Frau Jägerin wäre, und der hässliche Schulzen-Dick kriegt Feierabend. Der macht jetzt ein sauer Gesicht und kann die Welt nimmer froh ansehen. Aber dafür hängt dem Mädchen der Himmel voll Geigen, und als das Rohrbrunner Schießen kam, wurden sie gespielt, aber nicht der schönen Müllerstochter; denn der Jäger ließ sie sitzen. Er hatte unterdessen gesehen und gehört, dass sie nicht weit her sei und meinte: "So ein Stückchen Hausrat taugt nicht in meinen Kram." Das hätte sich aber die Müllerin nicht träumen lassen. Sie dachte, der Förster habe sie nur deswegen nicht geholt, weil sie gegenüber den Herrenleuten nicht schön genug angezogen war, und vertröstete sich auf die Heimbuchenthaler Kirchweih.
Diese kam vierzehn Tage darauf. Die Musikanten spielten zum Tanz, und der Rohrbrunner Jäger saß wieder auf seinem alten Platz hinter dem Tische. Nicht weit von ihm an der Türe stand, aufgeputzt wie eine knallrote Rose, das Müllerstöchterlein und äugelte ein um das andere Mal zu ihm hinüber; aber er tat, als wenn er es nicht sähe, und die andern mochten's heute nicht ansehen. So musste es denn an der Türe stehen und müßig zuschauen.
Da kommt auf einmal rasch die Stiege herauf der Bäcker-Philipp mit einer Pflugschar, die er beim Schmied in Heimbuchenthal hatte dengeln lassen. Zu ihm tritt das Mädchen mit nassen Augen und sagt, sie habe schon lange auf ihn gepasst, es wolle fortan mit keinem anderen tanzen als nur mit ihm. Es habe so unrecht getan, dass es ihn verlassen, allein es sei niemand schuld daran als die Hullenhexe, die habe ihm, wie sie an Weihnachten krank gewesen war, ein Tränklein gegeben, dass sie dem reichen Krummhals hätte nachlaufen müssen.
Mit dem Jäger habe sie nichts, und dabei machte sie so verliebte Augen zu ihm hinüber, dass man meinte, sie wolle ihm das Herz aus dem Leibe stehlen. Und obwohl das der Bäcker-Philipp recht gut sah, so ward ihm doch das Herz wieder warm, und er dachte bei sich: Dem Schulzen-Dick könnte ich wohl ein Bein stellen, dass er einen Purzelbaum schlägt. Aber bei dem verdammten Grünkittel dahinten geht's halt doch nicht so leicht. Der darf nur wieder einmal seinen kleinen Finger ausstrecken, so packt ihn das lose Ding bei der ganzen Faust. Aber ich will sie ihm heute Nacht stutzen, wäre nur noch ein Krausenbacher bei mir! Dann nimmt er seinen alten Schatz und tanzt mit ihm bis zum Abend, und als das abgemacht
ist, geht er hinaus und guckt nach seiner Pflugschar, die er in der Fensterecke versteckt hat.
Wie er dabei zum Fenster hinausschaut, sieht er den Schulzen-Dick hemdsärmelig und pudelnass geschwitzt aus der Schmiede auf das Wirtshaus zulaufen. Er hatte auch eine frisch gedengelte Pflugschar unterm Arm. Der Bäcker-Philipp war froh und dachte: Zum Zuschlagen ist der gut, wenn ich ihn auch sonst nicht mag. Er stellt sich freundlich, tritt ihm bis zur Haustür entgegen und sagt: "Bruder, 's ist recht, dass du auch kommst; gib mir deine Hand und sei wieder gut. Komm, wir trinken einen guten Sodener Schoppen da neben in der Schenke!" Darauf sagt er ihm vertraulich ins Ohr: "Bruder, du bist ein glücklicher Kerl; das Müllersgretchen hat mich hintangesetzt und dich genommen, ich verdenk's ihm auch nicht; denn du bist reich und kannst alle Tage heiraten; aber der verwünschte Jäger dort hinten hat dir deinen Schatz abspenstig gemacht und macht sich noch lustig darüber. Bruder bedenk's! Einem Fremden und dazu noch einem Spitzbubenjäger lässt du sie nicht. Sie muss wieder dein werden, aber du musst dem Grünkittel noch heute Nacht ein Halseisen legen, dass er sich darin zu Tod zappelt. Ich helf dir dazu!" Dem Schulzen-Dicken gefällt der Vorschlag. Aus lauter Eifersucht vergisst er das Müllersgretchen, dem er doch zu gefallen gegangen ist, und ein Gedanke geht ihm im Kopfe herum, wie er seinen Erzfeind, den Jäger, aus der Welt schaffen könne. Der Plan dazu war bald gemacht, und als der Bäcker-Philipp heimlich, unter vier Augen, von der Müllerin Abschied genommen hatte, nahm jeder der Burschen eine Pflugschar, und sie stellten sich am Weg zwischen Krausenbach und Heimbuchenthal in einer Eichenhecke an; einer oben, der andere unten, und lauerten auf den Jäger. Der trinkt in Heimbuchenthal sein Restchen Klingenberger Roten aus und geht guten Mutes auf die Eselshöhe zu. Da zupft ihn auf einmal jemand am Flintenriemen. Er sieht sich um, und da steht die Frau Holle vor ihm und keucht: "Kehrt um oder schlagt Euren Weg rechts über die krumme Brücke ein, der Weg über die Eselshöh ist Euer letzter!" Damit war sie verschwunden.
Und der Jäger bleibt stehen und denkt: Ich habe einen Fuchsschwanz an einer Seite, der giftig trifft; damit könnte ich schon ein paar Spitzbuben kalt legen, aber für Menschenblut ist er nicht geschliffen. Er folgt also der Frau Holle, die ihm kürzlich schon aus einer argen Not gegen die Weibersbrunner Wilderer geholfen hat, und kommt glücklich heim.
Frau Holle war jetzt unvermerkt bei den zwei Wegelagerern. Die passen und passen, und die Lust zum Würgen packt einen mehr als den anderen. Da fängt es auf einmal ganz nahe bei ihnen zu bellen an wie des Jägers Hund. Der aber lag schon lange zu Hause hinter dem Ofen. Es tat's Frau Holle.
Wie ein Pfeil fährt der Bäcker-Philipp von oben aus dem Gebüsch und im Augenblick der Schulzen-Dick unten, und es rauscht, wie's Wetter und brüllt sie an: "Spitzbuben! Mörder!" und jeder stürzt wie ein Drache mit hochgeschwungener Pflugschar auf das Rauschen und Brüllen los und meint, er habe jetzt mit dem Jäger zu tun. Ein Streich - ein Schrei - ein halbmannshoher Satz von beiden zugleich, und jeder stürzt mit gespaltenem Hirnschädel zu Boden.
Der Morgen graute, und des Müllers Töchterlein ging auf die Eselshöhe, um Laub zu rechen. Es sah gerade vor sich hin und dachte an den schönen Rohrbrunner Jäger und meinte, wenn er jetzt nur daherkäme. Auf einmal ist es ihr, als stehe er leibhaftig vor ihm. Aber, wie es verwundert die Augen aufhebt, sieht es zwei blutige Männer vor seinen Füßen liegen, und jeder hält eine Pflugschar in der Faust. Da steht dem Mädchen fast der Herzschlag still; es wird ihm dunkel um die Augen und so weh in der Brust. "Der Philipp!" schreit's und fällt ohnmächtig neben ihm nieder. Wie es wieder zu sich kommt, lehnt die alte Frau Holle auf ihren Krücken neben ihr und sagt zornig: "Kennst du diese zwei da mit ihren blutigen Pflugeisen? Die waren für den Kopf des braven Jägers gemünzt, aber ich habe diesen Burschen den Sinn durcheinander gemacht, daß sie sich einander selbst die Hirnkästen einrannten. Du aber und des Teufels Großmutter seid schuld daran. Du hast dem Bäcker-Philipp mit deinen Lügen das Herz wieder warm gemacht, der hat den Schulzen-Krumm verhetzt, und der hat nun auch seinen Teil. Denk Deiner Lebtag d'ran!" Nach diesen Worten hinkte die Alte fort.
An dem Platz nun, wo sich die zwei Krausenbacher erschlugen, setzte man zum ewigen Gedächtnis einen Stein, der ist wie eine Pflugschar geformt und steht an dem Weg von Krausenbach nach Heimbuchenthal und heißt der Scharstein.